Wie sich die Corona-Krise auf Medien in Europa auswirkt
Einbrechende Werbeeinnahmen, Kurzarbeit und Entlassungen – aufgrund der Corona-Pandemie stehen Medienhäuser in ganz Europa unter Stress. Das EJO gibt auf seiner Website einen Einblick in die wirtschaftlichen Auswirkungen.
Das Netzwerk des am Institut für Journalistik angesiedelten European Journalism Observatory (EJO) hat mit Medienexpertinnen und -experten, Journalistinnen und Journalisten sowie Gewerkschaftlern gesprochen und hat auf seiner Website zusammengefasst, welche wirtschaftlichen Auswirkungen die Corona-Krise auf Medien in Deutschland, Georgien, Großbritannien, Italien, Lettland, Polen, Portugal, Spanien und der Ukraine hat und auf welche finanziellen Hilfen die Medienbranche zählen kann – oder nicht.
Sowohl in West- als auch in Osteuropa haben 2020 vor allem Printmedien starke Einbußen bei den Einnahmen verzeichnet. In Deutschland brachen Angaben des Bundesverbands Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV) zufolge bei fast allen Verlagen die Anzeigenerlöse um über 20 Prozent ein, bei jedem zweiten sogar um über 40 Prozent. In Polen gingen bei regionalen Zeitungsverlagen im zweiten Quartal des Jahres 2020 die Einnahmen sogar um bis zu 80 Prozent zurück. Einige lokale polnische Wochenzeitungen verkauften von ihren Ausgaben 40 Prozent weniger. Während in der Ukraine überregionale Online-Medien rückläufige Werbeeinnahmen von bis zu 50 Prozent beklagten, erlitten dort Lokalmedien sogar Verluste von 70 bis 90 Prozent.
In Folge waren und sind in vielen Ländern zahlreiche Medienunternehmen von Kurzarbeit und Stellenabbau betroffen. Besonders hart hat es britische Printmedien getroffen, darunter der Guardian, DMG Media (mit Titeln wie der Daily Mail und Metro) und Reach (mit Titeln wie Daily Mirror und Daily Express). Zusammen erwarten sie Verluste von bis zu 800 Arbeitsplätzen. Ein Beobachter des polnischen Medienmarktes gab an, dass bei der polnischen Tageszeitung Gazeta Wyborcza ein Zehntel des Personals entlassen worden sei. Burda Media Polen habe ein Fünftel der Belegschaft abgebaut, insgesamt 50 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Veraltete Geschäftsmodelle rächen sich nun
Es räche sich nun, sagt Tina Groll, Vorsitzende der Deutschen Journalistinnen- und Journalistenunion (dju) und Redakteurin bei Zeit Online, dass viele Medienunternehmen zu wenig innovativ waren, um tragfähige Geschäftsmodelle zu entwickeln. Auf der einen Seite sei das Bedürfnis der Menschen nach Qualitätsjournalismus enorm gestiegen, auf der anderen Seite sei seit Monaten in vielen Redaktionen Kurzarbeit zu beobachten. Das sei absurd, sagt Groll.
Während in einigen Ländern der Staat Corona-Programme für Medien ins Leben gerufen hat, können in anderen Ländern die Medien keine Hilfe von der Regierung erwarten. Die lettische Regierung hat im Rahmen eines Medienunterstützungsprogramms knapp 1,2 Millionen Euro bereitgestellt, von denen die Print- und Online-Nachrichtenmedien etwa 520.000 Euro erhielten. Zudem wurden Verlage für die Zustellung von Zeitungen mit rund 220.000 Euro unterstützt.
In Spanien dagegen ist die Regierung weitgehend tatenlos geblieben. Abgesehen von einer Senkung der Mehrwertsteuer auf Abonnements habe es keine Hilfe gegeben, erklärt Victoria Pérez, Vorsitzende der zivilgesellschaftlichen Gruppe Plataforma en Defensa de la Libertad de Información (PDLI). In Deutschland möchte der Bund – ganz unabhängig von der Corona-Krise – in den kommenden Jahren mit 220 Millionen Euro Presseverlage fördern.
Zum EJO-Beitrag "Die Corona-Krise trifft Europas Medien hart"